Glaubensfragen

20 Fragen an Bischof Michael Chalupka

Danke an alle Hörer*innen für die Fragen! Die Antworten auf die Fragen wurden automatisch transkribiert. Bitte den einen oder anderen Fehler zu entschuldigen! Danke!

Bischof Michael Chalupka: A.B. ist das Augsburger Bekenntnis. Das hat nichts mit den Augsburger Würstchen zu tun, die aber auch sehr österreichisch sind und mit Augsburg wieder nichts zu tun haben. So wie die Frankfurter bei uns auch. Augsburger Bekenntnis heißt die Confessio Augustana, das heißt das Bekenntnis am Reichstag zu Augsburg 1530, dass Melanchthon verfasst hat, das eine Antwort geben soll auf das Verhältnis evangelisch – katholisch wurde von den Katholiken, der katholischen Kirche und den katholischen Fürsten aber zurückgewiesen. Es gibt auch die Confutatio dazu, aber für uns ist es als Bekenntnis Schrift eine Grundlage unserer Kirche. Dort sind Dinge geregelt, wie das Priestertum aller Gläubigen, die Sakramente, wie wir das Abendmahl feiern, auch das Amt des Bischofs, der keine weltliche Macht hat, sondern nur durch das Wort regiert. Das sind alles Dinge, die in der Confessio Augustana, dem Augsburger Bekenntnis, geregelt sind. Und österreichisch ist das deswegen, weil Augsburger Bekenntnis A.B. und H.B. in dem Toleranzpatent vorkommen. Und man kann ein bisschen die Kirchen unterscheiden. Alle Kirchen, die slowakische Kirche, die serbisch slowakische Kirche, die A.B. im Namen haben, waren einmal Teil der Kronländer der Habsburger Monarchie.

Bischof Michael Chalupka: Ich hoffe, dass die vier Evangelisten, die die Evangelien geschrieben haben, sich als evangelisch verstanden haben, aber wahrscheinlich wohl nicht. Sie haben sich als Juden verstanden, als Heidenchristen, als Judenchristen, was auch immer. Aber die Evangelisten sind Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die Verfasser des der vier Evangelien und die Evangelischen. Das sind wir.

Bischof Michael Chalupka: Das schließt an die erste Frage an. Ein Jahr vor dem Reichstag in Augsburg war der in Speyer. Und noch davor und das ist sozusagen genau 500 Jahre her, war der Reichstag in Worms, auf dem Luther verurteilt worden ist und damit die ganze evangelische Lehre. Das wurde aber nicht so durchgeführt, dass das überall verboten worden ist, sondern 1526, jetzt wirds ein bissl kompliziert, in Speyer hat man gesagt, die einzelnen Fürsten sollten das so machen, wie es bei ihnen halt ist. Das heißt die Evangelischen evangelisch und die sich zur katholischen Kirche weiter gehalten haben katholisch. Kaiser Karl der Fünfte wollte das aber ändern und hat 1529 wieder in den Reichstag in Speyer einberufen. Seitdem er aber nicht dabei war, sondern sein Bruder Ferdinand und die protestantischen Fürsten haben dagegen protestiert. Mit der Protestation zu Speyer. Es hat also nichts damit zu tun. Und es ist auch immer durchzuckt mich immer wieder, wenn ich irgendwo lese. Protestanten haben gegen den Lobau Tunnel demonstriert oder Protestanten haben das und das gemacht. Möglich, dass auch Evangelische unter den Protestierenden sind. Aber die Protestanten sind doch etwas anders, führt sie zurück auf den auf die Protestaktion zu Speyer.

Bischof Michael Chalupka: Welche zwei Jahre in den letzten zwei Jahren waren so wie sichs irgendwer vorgestellt hat? Wir haben uns das alle nicht vorstellen können. Ich habe überhaupt wenig Vorstellungen gehabt, wie jetzt das Bischofsamt genau ausschaut. Aber, dass wir unter Corona Bedingungen eingesperrt sind im Kirchenamt, die Gemeinden nicht besuchen können, Gottesdienste absagen und das hat sich niemand vorstellen wollen. Das heißt, so war es sicher nicht, die wenigen Momente, wo man in die Pfarrgemeinden gekommen ist, wo man Gottesdienst feiern konnte. Die waren ja schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Weil ich glaube, dass gerade in den Pfarrgemeinden ganz viel Kraft und Lebendigkeit ist. Und das war ein, ja eine gute Erfahrung in schwierigen Zeiten.

Bischof Michael Chalupka: Ja, die Frage kann man schon so und so beantworten. Man kann auch sagen, bei uns gibt es viele Päpste, denn Luther hat ja gesagt, wer immer aus der Taufe gekrochen ist, ist selber schon Priester, Bischof, Papst und hat so das allgemeine Priestertum aller Gläubigen beschrieben. Das heißt, das zentrale ist die Taufe. Und auf der anderen Seite kennen wir nicht ein einheitliches Lehramt, sondern die Lehre ist bei uns einerseits durch die Bekenntnisschriften gegeben, andererseits durch die Bindung an die Heilige Schrift und ist auch immer ein gemeinschaftlicher Prozess. Das oberste Organ unserer Kirche ist ja die Synode. Das heißt, eine Gemeinschaft von Menschen die aus der Taufe gekrochen sind und dadurch Priester, Bischof und Papst sind, ob sie jetzt geistliche oder weltliche sind. Das ist der Grund, warum wir mit dem Papsttum jetzt keine Probleme mehr haben seit 500 Jahren.

Bischof Michael Chalupka: Das ist interessant, weil bei Luther selbst heißt es ja noch: du sollst. In einer weiteren Reform des Gesangsbuchs ist es dann geheißen: du magst. Und jetzt heißt es: du kannst. Man sieht  schon in dieser Ambivalenz, dass es keine Kernfrage ist, sondern dass man durchaus, wenn das zur eigenen Spiritualität passt und gehört, auch soll und kann, weil das Kreuzzeichen ein wichtiges Symbol, ein Zeichen für unseren Glauben ist, für das Kreuz und die Erlösung durch Jesus Christus am Kreuz. Das heißt, es gibt kein Verbot, sich zu bekreuzigen. Im Gegenteil, es kann eine gute Praxis sein. In Österreich ist das ein bisschen so, dass wir manches glauben, dass es sehr evangelisch ist, auch in Abgrenzung zum dominanten Katholizismus. Das ist beim Kreuzzeichen so, das ist auch so bei den Kollaren, die ja jetzt modern werden. Unter den jüngeren geistlichen Amtsträgern in Norddeutschland ist das üblich oder in anderen Kirchen. Bei uns war es immer auch wichtig, ein bisschen sich zu unterscheiden von der katholischen Kirche und ich würde diese Zurückhaltung beim Kreuzzeichen darauf zurückzuführen. Es hat jetzt keine glaubensmäßige Bedeutung, ist interessant, schon da Tertullian als ein Kirchenvater ganz, ganz lange her, hat gesagt: es gibt ein Brauchtum in der im Christentum, das nicht in der Bibel steht. Und dafür hat er das Kreuzzeichen genannt. Das ist ein sehr altes Symbol, ein sehr alter Brauch. Aber, und das für unser evangelischer immer wichtig ist, findet sich dafür kein biblischer Beleg, dass sich dort jemand gekreuzigt hätte.

Bischof Michael Chalupka: Es heißt das, was es in all den Jahrhunderten vorher auch geheißen hat. Ich kann jetzt aus dem Kopf zitieren, die erste These in der Heidelberger Katechismus heißt: in Jesus Christus sein Heil und seinen Trost zu finden, sozusagen in allen Lebenslagen. Das heißt, dass Christ zu sein, das ist etwas sehr persönliches. Es nimmt unsere Person hinein in eine Beziehung zu Gott und öffnet uns aber auch für Beziehungen zu anderen Menschen, mit denen wir gemeinsam unseren Glauben leben. Das ist etwas, was uns nicht unterscheidet, ob es jetzt ist 21., 20. und 19. oder 9. Jahrhundert ist. Aber es heißt auch, als Christ Christin in die Welt gestellt zu sein. Und die Welt verändert sich. Das heißt, wir müssen jeweils darüber nachdenken, unsere Entscheidungen treffen. Was heißt es jetzt für uns, für unsere politischen Entscheidungen, gesellschaftlichen Entscheidungen? Wie verhalten wir uns so, dass wir glauben, ja auch die wichtigeren Entscheidungen zu fällen aus unserem Glauben? Es gibt nicht immer eine richtig oder falsch, sondern manchmal gibt falsch, weniger falsch, richtig, richtiger. Das sind Abwägungen, die auch in der Zeit liegen. Aber grundsätzlich ist das, was ich zuerst gesagt habe, die Grundbotschaft.

Bischof Michael Chalupka: Was macht er, wenn er gerade keine Podcast Fragen beantwortet? Das Amt des Bischofs ist da hat unserer Kirchenverfassung erster Pfarrer der Kirche zu sein. Das heißt, er macht ziemlich das, was auch alle Pfarrerinnen und Pfarrer machen. Bis auf den Religionsunterricht, den macht er nicht mehr. Das heißt, die Tage sind gefüllt mit auch vielen Sitzungen. Das mag man bedauern, gehört aber zum Selbstverständnis unserer Kirche, denn wir sind eine sehr demokratische Kirche und Demokratie kann man nur üben im Gespräch und in dem man alle Ebenen beteiligt. Das heißt anders als andere Führungsjobs ist Bischof sein in unserer Kirche kein einsames Geschäft, sondern eines, das mit vielen Gremienn Initiativgruppen im Gespräch ist. Das zweite ist, möglichst viel von den Fragen, Anliegen der Gemeindeglieder mitzubekommen und das heißt in den Gemeinden zu sein. Und das dritte ist, das ist die Aufgabe des Bischofs, die evangelische Kirche in der Öffentlichkeit zu vertreten. Das heißt, auf sehr unterschiedliche Weise präsent zu sein und die ökumenischen Kontakte zu pflegen und die internationalen Kontakte. Was wichtig ist, weil die evangelischen Kirchen ja einen Konstruktionsfehler haben, sie sind als nationale Kirchen gebaut. Anders als die katholische Kirche, die als weltweite Kirche ist. Und das heißt, es ist für uns auch immer eine Arbeit und wir müssen uns darüber verständigen, dass wir Teil einer weltweiten Kirche, auch einer weltweiten lutherischen Kirche sind. Und deswegen ist es wichtig, hier Kontakte zu unseren Nachbarländern zu halten. Der evangelische Bischof in Österreich ist Mitglied der Bischofskonferenz der vereinigten evangelisch-lutherischen Kirchen in Deutschland. Es ist ganz interessant. Das heißt, auch das ist wichtig.

Danke liebe Maria für diese Frage, ich habe sie leider vergessen zu stellen!

Bischof Michael Chalupka: Zuerst muss man mal sagen, was hat die Kirche schon getan und das ist wichtig, dass wir festhalten. Anders als in anderen Kirchen haben wir rechtlich die völlige Gleichstellung von Frauen und Männern und wir haben auch Frauen im Führungsamt. Das heißt, wir haben eine Oberkirchenrätin, wir haben eine Direktorin der Diakonie. Aber, das ist noch zu wenig. Und zwar deswegen, weil wir überall die Menschen mit den besten Qualifikationen haben wollen. Und weil wir auch nach außen zeigen wollen, dass wir eine Kirche sind, in der Gleichberechtigung herrscht. Was daran wichtig ist, habe ich schon damit genannt, dass wir die Menschen mit den besten Qualifikationen haben wollen. Worüber wir nachdenken müssen, ist: wie gestalten wir unsere Auswahlverfahren, unsere Wahlverfahren, so, dass die Qualifikationen abgeklopft werden und dass das Geschlecht keine Rolle spielt. Und wie gestalten wir den Berufsalltag so, dass er für beide Geschlechter attraktiver wird? Das ist mir nämlich auch wichtig. Es ist wunderbar, Pfarrer, Pfarrerin in einer Gemeinde zu sein. Und wir müssen das schaffen, dass auch die Eben der Kirchenleitung so wunderbar sich anfühlen, wie Pfarrerinnen und Pfarrer zu sein.

Bischof Michael Chalupka: Zu dem Mitgliedszahlen, das ist interessant. Wir haben ja jetzt grad 200 Jahre evangelisch theologische Fakultät und da hab ich nachgelesen, vor hundert Jahren ist die evangelisch theologische Fakultät in die Universität aufgenommen worden, als theologische Fakultät für unsere Kirche 1921. Unsere Kirche hatte damals 200.000 Mitglieder. Jetzt sind wir bei 270 – 280.000 Mitgliedern. Aber dazwischen, durch Zuwanderung, durch Fluchtbewegungen, durch Übertrittsbewegungen, waren wir auf 450.000 Mitgliedern. Das heißt, das ist auch eine sehr fluktuierende Zahl. Und ich denke, wichtig ist es darauf zu schauen, dass wir eine lebendige Kirche sind, mit lebendigen Gemeinden und das zu stärken, und das versuchen wir im Moment oder das machen wir mit dem Prozess aus dem Evangelium leben, wo wir genau Initiativen von Pfarrgemeinden, die sich zusammentun, die etwas Neues machen, die neue Berufsfelder erschließen, fördern wollen, um dieses Lebendige deutlicher zu machen, auch öffentlich mehr ins Bewusstsein zu bringen und mehr Menschen dadurch zu gewinnen. Wobei die Verkündigung des Evangeliums uns das Leben in den Gemeinden das zentrale ist und nicht das Schielen, werden jetzt mehr oder weniger. Wobei jeder, der die Kirche verlässt, natürlich ein großer Verlust ist,

Bischof Michael Chalupka: Ich glaube, es wird viel getan und man muss es auch ein bißchen relativieren. Ich habe jetzt, aufgrund meines Alters, schon einen Überblick, so über 50 Jahre Kirchenbesuch. Und ich war, ich sag jetzt nicht wo, aber als Studierender z.B. schon, habe ich mitgeholfen und auch zum Teil in Gottesdiensten ausgeholfen, in einer Gemeinde, wo damals die Kirche relativ leer war. Und jetzt habe ich diese Gemeinde besucht und da sitzen viermal mehr Menschen drin. Das heißt, auch das ist relativ. Wir dürfen uns nicht der Versuchung hingeben, sozusagen alles mit einer negativen Brille zu sehen, auch nicht mit einer rosaroten. Aber das Leben in dem Pfarrgemeinden ist nicht so, wie es da beschrieben ist. Es mag manchmal vorkommen, aber ich glaube immer noch, dass im Gottesdienst in der Gemeinschaft eine große Kraft liegt und dass wir leider da nicht die genauen Zahlen haben. Das ist etwas, was wir gerade ändern wollen, dass wir auch einen Überblick kriegen, wie geht’s denen, die sich aktiv beteiligen am Gemeindeleben? Sind die wirklich weniger geworden? Aus der subjektiven Erfahrung gibt es Orte, die so sind, dass sie weniger geworden sind. Es gibt aber Orte, wo sehr viel mehr Menschen jetzt Freude am Evangelium haben.

Bischof Michael Chalupka: Der Kirchenbeitrag hat ja eine unsägliche Geschichte. Er ist ja eingeführt worden von den Nationalsozialisten in der heutigen Form, um der Kirche zu schaden. Andererseits hat er zu einer gesicherten Einnahmenbasis geführt und das ist ein ganz schwieriger Prozess, das auch zu vermitteln. Und ich glaube, da müssen wir besser werden. Wir müssen den Menschen mehr erklären, was mit ihrem Geld passiert. Wie viel Gutes da passiert, was in ihrer unmittelbaren Umgebung passiert, was sozusagen auch im Grätzel anders wäre, wenn es eine Pfarrgemeinde wie Ottakring, Simmaring oder so nicht geben würde. Und ich denke, dann sind die Menschen auch bereit, diesen Kirchenbeitrag zu leisten. Allerdings es ist eine seelsorgliche Aufgabe. Was wir schaffen müssen ist, dass wir mit den Mitgliedern unserer Kirche und zwar denen, die nicht jeden Sonntag da sind, ins Gespräch kommen, dass wir kommunizieren mit ihnen und nicht nur einmal im Jahr oder zweimal im Jahr den Kirchenbeitrag schicken, weil das ist natürlich abschreckend.

Bischof Michael Chalupka: Das Wichtigste ist mir, weil dieser Mythos immer noch da ist, dass die evangelische Kirche dieser Regelung, dass der Karfreitag abgeschafft wird, in irgendeiner Weise zugestimmt hätte. Das hat sie nicht. Das hat Bischof Bünker nicht. Das hat niemand in dieser Kirche, sondern das war eine Verordnung der damaligen Bundesregierung, die das durchgezogen hat gegen den Widerstand der evangelischen Kirche. Das ist mir ganz wichtig, denn der Karfreitag ist für uns, anders als es in diesen rechtlichen Urteilen des EuGH ja geklungen hat, kein Privileg gewesen, oder ist ein Privileg, sondern der Karfreitag in Österreich als Feiertag, für die Evangelischen war es so etwas wie ein Denkmal, das erinnert hat an die Gegenreformation, an die Verfolgung der Protestanten, an Unrecht das passiert ist bis zur Trennung von Familien, das Kinder katholisch erzogen worden sind und die Eltern ins Exil geschickt wurden und dieses Denkmal ist geschleift worden. Es ist sozusagen eine offene Wunde. Also das heißt, wir werden auch weiterhin dafür eintreten, dass der Karfreitag zu einem Feiertag, womöglich auch für alle wird, weil auch gerade die Corona Zeit hat gezeigt, dass es einen Tag braucht, der auch daran erinnert, an die Zerbrechlichkeit, an die Brüchigkeit des Lebens, für alle, wenn auch für uns das ist ein ganz besonderer Tag ist, wo wir dran gedenken, dass Jesus Christus für uns am Kreuz verstorben ist.

Bischof Michael Chalupka: Das ist schwer zu sagen, weil da immer die Frage ist: Was ist Kirche? Es mag schon sein, dass die evangelische Kirche eine sehr intellektuelle Kirche auch ist. Das ist schon ein bisschen von ihrer Gründung her. Schließlich ist sie, Martin Luther war Universitätsprofessor. Das heißt, uns ist es wichtig, unseren Glauben auch argumentieren zu können und begründen zu können. Das mag eine intellektuelle Seite sein. Martin Luther ist uns Vorbild weil er hat das geschafft, auch zu vermitteln, indem man dem Volk aufs Maul geschaut hat, ihm aber nicht nach dem Maul geredet hat. Und ich denke, das ist eine beständige Aufgabe, der wir uns als Kirche stellen müssen, die aber nur vor Ort geleistet werden kann. Die Kirche spricht nicht, sondern einzelne Menschen sprechen und das sind Laien und auch Pfarrerinnen und Pfarrer, Superintendentinnen und Superintendenten oder auch der Bischof.

Bischof Michael Chalupka: Wir segenen als Evangelische nicht alles. Sondern wir segnen grundsätzlich nur Menschen, Lebendiges. Wir segnen keine Gegenstände, keine Feuerwehrautos, keine Waffen, sondern wir segnen Menschen. Und in der Segnung eines Paares, das eine beständige Liebe hat, das sich sozusagen auch die Treue zusagt, segnen wir ganz bewusst Menschen. In der Trauung war es, aus lutherischen Verständnis, immer das Wichtige der Segnungsakt. Die Trauung an sich, die findet vor dem Standesamt, beim weltlichen Teil statt. Und wir haben ja jetzt eine neue Agende. Und ich finde das ja eine ganz schöne Lösung, dass diese Agende, das heißt Agende ist das, was wir liturgisch verwenden bei dieser Segnung Hochzeits Agende heißt, weil der Begriff Hochzeit auch ein biblischer Begriff ist. Der Begriff Trauung kommt in der Bibel nicht vor, also ist das sehr evangelisch protestantisch, dass wir jetzt wieder über Hochzeit sprechen und diesen Segen den Menschen zusprechen.

Bischof Michael Chalupka: Wie lernt man das? Ich denke, man muss es erleben und Glauben heißt in dem Fall Vertrauen gewinnen. Und Vertrauen gewinnen ist etwas, was sehr früh ansetzt in der Erziehung als Kind, was aber nicht aufhört. Das heißt, wenn ich das nicht als Kind gelernt habe, dann kann ich Vertrauen in Gott, den Vertrauen in meine Beziehung zu Jesus, meine Beziehung zu den Mitmenschen. Das ist jederzeit möglich. Das ist, glaube ich, das Schöne an der christlichen Botschaft, dass es niemand verloren gegeben wird, der dieses Vertrauen nicht in seiner Kindheit mitbekommen hat. Ich habe den Glauben gelernt von meinen Tanten in Backa Palanka, wo mein Vater geboren ist, und zwar ganz über die Seele, weil sie haben ja Slowakisch gesungen und gesprochen. Ich habe davon wenig verstanden als Kind und trotzdem hat es mich tief in der Seele geprägt und getroffen und angesprochen.

Bischof Michael Chalupka: Corona war auf jeden Fall kein Segen. Ein Fluch ist es auch nicht, denn Corona ist einfach eine Krankheit. Das heißt, ich würde diese Krankheiten nicht mit allzu viel Brimborium aufladen. Wir haben uns dem gestellt als Kirche. Wir haben einiges gelernt, genau gerade was den digitalen Bereich betrifft, sozusagen. Wir können jetzt alle wunderbar mit Microsoft Teams umgehen und mit Zoom und wie das alles heißt. Das ist für unsere Kirche ganz gut, weil wir für unsere demokratischen Strukturen ja enorme Wege immer auf uns genommen haben. Die Kirche hat aber auch gelitten, denn die Gemeinschaft, die wir in den Gottesdiensten erfahren, das steckt man nicht einfach weg, wenn das Wochen und Monate lang nicht möglich ist. Auch der weitgehende Verzicht auf das Abendmahl in den Gemeinden ist etwas, was schmerzlich ist. Wo wir aber in unserer Geschichte durch die Gegenreformation, wo 180 Jahre oft kein Abendmahl stattfinden konnte, wo wir die Zusage gerade Martin Luther selber haben, der gesagt hat, auch im Wortgottesdienst, in der Verkündigung steckt das volle Heil haben. Aber das war eine schwierige Zeit. Wo aber die Pfarrgemeinden und das Netz von Christinnen und Christen in unserer Kirche auch gehalten haben. Das hat auch getragen, und das hat schon gutgetan, weil wir oft ein bisschen wenig Zuversicht oder Selbstbewusstsein in unsere eigenen Strukturen haben. Und ich glaube, wir, wir haben diese Zeit so gut es geht gemeistert.

Bischof Michael Chalupka: Ja, ob die Worte schöner sind, also in der ganzen Debatte, hat es alle möglichen Versuche gegeben. Verkündigung ist natürlich ein schönes Wort, ist aber auch wenig dialogisch. Prädicare heißt ja etwas ausrufen, etwas öffentlich machen, öffentlich sagen. Verkündigen ist ähnlich. Man hat dann von der Kommunikation des Evangeliums gesprochen, was schon mehr einen Dialog mit sich bringt. Kommunikation ist immer beidseitig. Und ich denke, auch beim Predigen oder wenn man eine Predigt hört, hilft es vielleicht, sich vorzustellen, dass man eben nicht an gepredigt wird, sondern dass man etwas hört, zu dem man sich selber verhalten muss. Ich vergleiche das gern mit einem Bild. Wenn man in ein Museum geht, dann spricht das Bild für sich. Aber das, was ich sehe, das, was ich höre, das ist wieder etwas anderes. Und das heißt, jeder nimmt auch etwas anderes mit aus diesen Predigten. Man kann auch sagen, zwischen dem Prediger und dem Predigthörer wirkt im besten Fall die Heilige Geist Kraft, wenn es gut geht. Aber als als dialogisches Verständnis zu haben und bei jeder Ordination eines Geistlichen, die der Bischof vornimmt, wird gesagt, die Gemeinde möge auch des Evangeliums willen dem Prediger ihre Kritik sagen. Das heißt, da ist jeder dazu aufgerufen, mit der Predigerin, mit dem Prediger auch nachher ins Gespräch zu kommen.

Bischof Michael Chalupka: Fünf Jahre ist kein so ein langer Horizont. Drei Punkte. Ich denke, wir haben viel gelernt aus dem Prozess, aus dem Evangelium leben. Da haben wir viel ausprobiert, haben auch schon eine Evaluation hinter uns und können Dinge umsetzen, in den Pfarrgemeinden in einer Zusammenarbeit vom Pfarrgemeinden in neuen Dienstgemeinschaften. Das zweite ist, dass digitale Kirche sich weiterentwickeln wird. Das wird kein Phänomen bleiben, der Coronazeit, sondern wir werden im digitalen Raum Gemeinschaft erleben. Und das Dritte ist, dass wir mehr Klarheit haben werden, mehr Präsenz, in dieser Frage der Geschlechtergerechtigkeit, der Kirche. Evangelische Kirche wird noch mehr sichtbar sein als eine Kirche der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der Öffentlichkeit.